Werner Herzog ist Kult, seine Filme häufig eine Herausforderung für das Publikum, soviel ist allgemein bekannt. Aber dass es eine Herausforderung werden würde, die Filme überhaupt zu beschaffen und abzuspielen – das hatten wir nicht erwartet. Unser Autor Aike musste eine kleine Odyssee absolvieren: von Online-Streamingdiensten (dort gibt es längst nicht alles) zu öffentlichen Bibliotheken (dort gibt es fast alles), Freund*innen (wer hat einen DVD-Player?) und Elektrofachgeschäften (natürlich fehlt noch ein Adapter) … Aber am Ende hat es sich gelohnt – sowohl für den Audioguide als auch für den Autor persönlich, der über seine Begegnung mit Herzogs Werk berichtet: „Am Ende schaue ich mir fast 40 Filme an und so gut wie keiner lässt mich kalt.“ Das sind seine persönlichen Top 5:
1) Die Höhle der vergessenen Träume (2011) Herzog huldigt in 3D Höhlenmalereien in Südfrankreich, die zum Teil mehr als 30.000 Jahre alt sind – und erklärt uns, warum diese Kunst eine Frühform des Kinos ist. Dazwischen Momente absurden Humors, wenn beispielsweise ein Parfümeur davon erzählt, wie er versucht, weitere unentdeckte Höhlen zu erschnüffeln.
2) Lektionen in Finsternis (1991) Unfassbare Luft-Aufnahmen der brennenden Ölfelder in Kuweit nach dem Ende des Zweiten Golfkriegs. Wer die Apokalypse verfilmen möchte, kann sich getrost hier bedienen. Ein Extrem-Beispiel dafür, dass Herzog auch immer auf der Suche nach nie gesehenen Bildern ist. Hier geht’s zum Audio mit O-Ton von Herzog.
3) Grizzly Man (2005) Herzog ist in seinem Element, wenn er sich mit Grenzgängern beschäftigt. Hier begibt er sich auf den Spuren des Grizzly-Aktivisten Timothy Treadwell, der seine überschwängliche Liebe zu den Bären mit dem Leben bezahlt. Eine unglaubliche Geschichte mit einem dermaßen grausigen Ende, dass einem die Haare zu Berge stehen.
4) On Death-Row (2011-2013) Miniserie, die man sich auch auf Youtube ansehen kann. True-Crime aus einer etwas anderen Perspektive: Herzog begegnet Männern und Frauen, die im Gefängnis auf die Todesstrafe warten. Was macht es mit einem Menschen, wenn er den genauen Zeitpunkt seines Todes weiß?
5) Stroszek (1977) Drei Westberliner Außenseiter gehen nach Amerika und versuchen dort, sich neu zu erfinden. Einer der beiden Spielfilme, die Herzog mit dem einzigartigen Bruno Schleinstein gedreht hat. Wer einmal das tanzende Huhn gesehen hat, wird es nie wieder vergessen.
Getrost vergessen kann man dagegen Schrei aus Stein (1991): Zwei Bergsteiger duellieren sich am Cerro Torre in Patagonien, einem der schwierigsten Gipfel der Welt. Spektakuläre Kletteraufnahmen. Aber die Dialoge sind dermaßen hölzern, dass es fast schon wieder lustig ist. Zu Herzogs Verteidigung muss man sagen, dass er in diesem Fall das Drehbuch nicht selbst geschrieben hatte.